Zum Thema Glück und Unglück gibt es einige falsche Annahmen, die uns unter Umständen den Umgang mit dem Glück erschweren. Eine Falschannahme ist: "Wenn wir nicht (mehr) unglücklich sind, sind wir glücklich". Eine andere falsche Annahme ist: "Unglück ist das Gegenteil von Glück".
Glücksforscher haben Anhaltspunkte dafür gefunden, dass Glück und Unglück voneinander unabhängig auftreten:
Das Gegenteil von Glück im Sinne von "Glück haben", also dem Zufallsglück, ist Pech oder Unglück. Das psychologische Gegenteil von Glück, also von Glück im Sinne von "Glück empfinden" ist jedoch Depression.
Zur Untermauerung dieser Behauptung finden sich in Philipp Mayrings Buch "Psychologie des Glücks" die folgenden Forschungsergebnisse:
Glück | Depression |
positive Stimmung | Dysphorie |
Verfolgung von Zielen und Interessen | Interessensverlust |
Produktivität und Aktivität | Müdigkeit und Energieverlust |
Bewusstheit und Wachheit | Gedächtnis- und Konzentrationsschwierigkeiten |
Tendenz zur positiven Verstärkung | Tendenz zur negativen Verstärkung |
Hohes Selbstwertgefühl | Geringes Selbstwertgefühl |
Hohe Soziabilität, Aufgeschlossenheit | Sozialer Rückzug, soziale Inkompetenzen |
Dass positive oder negative Gefühle stark von uns selbst abhängen, zeigt der Psychologe Paul Watzlawick in seinem gut lesbaren Buch "Anleitung zum Unglücklichsein" an vielen Beispielen. Dem Willen zum Glück fällt demnach eine bedeutende Rolle zu. Dabei zeigt sich eine überraschende Übereinstimmung zwischen der antiken Philosophie, dem Buddhismus und den modernen Neurowissenschaften, die alle behaupten: Glücksgefühle sind eine Folge der richtigen Gedanken und Handlungen, die durch Wiederholungen und Gewohnheiten trainiert werden können.
Das kleine Gegenteil von Glück ist Langeweile, das große Gegenteil die
Depression.
(Stephan Lermer, Psychotherapeut und Schriftsteller)